Ratonero Bodeguero Andaluz » Öffentlicher Bereich » Sport, Erziehung und Ausbildung » Wieviel Programm möchte der Hund um zufrieden zu sein?

Schaut bei Interesse mal drüber – hab ich eben aus Facebook geklaut!
http://www.faz.net/aktuell/politik/inlan...d-12156340.html

bisschen was ist da schon dran, finde ich. Aber so pauschal ist es auch nicht zu beurteilen...
Unsere Hunde dürfen ziemlich viel und müssen fast nichts, dafür werde ich oft genug schief angeschaut oder sogar kritisiert. Unterm Strich leben unsere Hunde partnerschaftlich MIT uns zusammen. Mein (2 Beiniger) Partner und ich versuchen uns doch auch nicht ständig vorzuschreiben, was der andere gerade tun soll?
Einfach mal in den Hund hineinhorchen, der halbwegs sensible Hundebesitzer weiss doch dann, was der Hund möchte?
Stressresistenter sind die "alten Rassen" wie Pudel und Border ,die "Moderassen" sinds nicht?
Gut pauschalisiert...
Ansonsten,ja,viele übertreiben es definitiv!

Alle Hunde haben gern etwas "zu tun", das weicht aber oftmals erheblich von den Vorstellungen der Besitzer ab. Es muss ein gesundes Mittelmaß gefunden werden, um Hund und HH gleichermaßen "auszulasten".

Wir haben uns einen Hund zugelegt damit WIR uns mehr bewegen. Ein Hund der lieber auf derCouch liegt wäre da Kontraproduktiv
Andreas
Ich würde dem Artikel - mit Ausnahme auf die Rassen - voll und ganz zustimmen.
Allerdings sehe ich die Gefahr nicht unbedingt im Agility oder Hundesport selbst, sondern vielmehr in den Rahmenbedingungen und Lebensumständen. Wenn ich Hunde als Besucher in einer Messehalle (Gewerbeschau etc.), mitten in der Fußgängerzone oder auf dem Weihnachtsmarkt sehe, fallen mir oft Hunde auf, deren Körperhaltung deutlich Unwohlsein, Angst oder Überforderung signalisiert. Das tue ich meinen Hunden nicht an, weil ich solche Situationen für "menschlich" und nicht für "hündisch" halte und meine Mädels dem einfach nicht gewachsen sind. (Auch einigen Menschen tun solche Situationen im Übermaß nicht gut, aber sie haben es verlernt, diese Empfindungen zuzulassen und zu reflektieren. Achtsamkeit wird in der Familie und in der Schule nicht gelehrt...) Bei einem Hund, dem das tatsächlich nichts auszumachen scheint, muss man differenzieren. Wobei ich auch hier die Gefahr sehe, dass wir Menschen eben nicht wissen, wie es IN dem Hund wirklich aussieht. Das ist dann abhängig von vielen Faktoren (Häufigkeit, Entspannungsphasen, Lebensumstände, Charakter...).
In der Hundeschule besteht durch Freispielphasen und ungeeignete Übungen tatsächlich die Gefahr, dem Hund psychisch zu schaden. Sei es durch Gewalteinwirkung ("Alphawürfe", Leinenruck, Disk, Stachelhalsband...) oder einfach durch den Übungsaufbau an sich. Ein ängstlicher und sozial unsicherer Hund muss nicht in der dritten Stunde im Abstand von 2 Metern an einem anderen Hund vorbeigehen können. Hier ist der Besitzer gefragt, eine Wohlfühldistanz aufzubauen und feinschrittig zu trainieren.
Artgerechtes Hundetraining erfordert vom Trainer vor allem einen guten Umgang mit den Hundehaltern. Denn der Hundehalter ist es, der den Hund voller Vorspannung am Tor ableint...wenn dieser direkt auf einen ängstlichen Hund zurast und diesen anfällt, war es menschliches Versagen...die Hunde können da nix für... und der ängstliche Hund wird das psychisch verarbeiten müssen. Der Mensch versucht tagtäglich, im "innerartlichen" sozialen Umfeld angemessen zu kommunizieren, was da schon kaum reibungslos gelingt - und dann sollen wir uns in eine andere Spezies hineindenken...?

Wenn Molly mir eines beigebracht hat, dann dass nicht alles, was ich interessant finde, für sie interessant ist. Agility und co. fallen bei uns flach. Frau Schnorchelschnute ist nicht interessiert.

Zitat von J4N3M3
Wenn Molly mir eines beigebracht hat, dann dass nicht alles, was ich interessant finde, für sie interessant ist.
Mal was zum nachdenken, auch wenn es vielleicht am Thema vorbeigeht. Aber mich stört schon allein, dieses ständige "Hundepsychologe". Was genau heisst denn das??? So weit ich das erfassen kann, ist der Begriff nicht geschützt und eine anerkannte Hochschulausbildung ist es auch nicht. Da ist kein Dipl. kein FH ... nix! Auf der Website von Herrn Riepe steht nichts zu seiner Ausbildung. Und echte Fachartikel in wissenschaftlichen Journals gibt er auch nicht an.
Im Vorstand der Berufsverbandes deutscher Hundepsychologen, deren Vorsitz er hat, ist eine Diplom-Biologin. Die Ausbildung zum Hundepsychologen (Hundepsychologe nTR®) dauert 6 Monate und auf der Website findet sich kein Hinweis auf bestimmte Zugangsvoraussetzungen. Mit anderen Worten, jeder kann Hundepsychologe nTR® werden. Zum Vergleich einmal kurz nachdenken, wie lang die Ausbildung zum Tierarzt, Psychologen oder Biologen dauert.
Aber er verdient sein Geld als Hundepsychologe, Autor und Pressestimme und was weiß ich noch... Mein Fazit allgemein, alles mit einer gesunden Portion Skepsis lesen und selber schlau machen oder den Verstand einschalten!
Warum sollen also Jack-Russel und Border Collie nicht Agility machen??? Das hätte ich gern fachlich und wissenschaftlich belegt erklärt bekommen
Aber mit einem hat er Recht. Es ist das gleiche Phänomen wie in der Kindererziehung. Die Ratgeber schnellen wie die Pilze im Herbst aus dem Boden. Und da will man(n) wohl ein Stück vom Kuchen abhaben.
Spätestens wenn mein Hund sich winselnd unter den Busch verkriecht, würde ich darüber nachdenken, ob Agility das Richtige für ihn ist. Die Agility Hunde hier im Forum sehen auch alle schon total depressiv aus
Und damit mich keiner falsch versteht, seine positiven Leistungen und Beiträge zum Hundeleben in D will ich gar nicht schmälern, aber Skepsis ist einfach bei jeder popularwissenschaftlichen Veröffentlichung (das sind die, die dem Autor Geld in die eigene Tasche spülen) angebracht.
... der Wissenschaftlerin in mir gehen gerade die Fingerspitzen auf der Tastatur durch!
Mein Spitz ist nicht stressresistent, muss er aber auch nicht sein. Auch wir machen so etwas wie Agility, aber halt so, wie es allen (Mensch und Hund) gefällt. Genau so sollte es meines Erachtens auch sein - der Mensch erkennt und respektiert die Interessen und Fähigkeiten seines Hundes. Der eine Hund mag es so, der andere so... Der eine liebt Agility, der andere zieht lieber einen Dogscooter im Wald etc.). Sollte der Halter die Abneigungen des Hundes nicht respektiert, dann denke ich schon, dass der Hund "leidet". Ob man hier von einer Depression sprechen muss, weiß ich nicht. Schließlich gehört zu einer Diagnose beim Menschen mindestens ein ausführliches Gespräch. Aber m.E. es ist zumindest ein Gefühl des Unwohlseins, welches sich "generalisieren" kann.
Daher finde ich es schon gut, dass darauf hingewiesen wird - auch wenn ich die Qualifikation einiger Trainer anzweifle.

ich denke auch, dass es einfach auf jeden Hund individuell ankommt. Wir haben hier in der Nachbarschaft eine Frau, deren Hündin ganz anders ist als die Vorgängerhunde. Sie hat auch gesagt, dass es für sie eine riesige Umstellung ist, plötzlich einen Hund zu haben, der nicht auf Bälle steht, andere Hunde nur sehr selektiv bespielt, und auch sonst eher zurückhaltend ist vom Wesen her.
Über Psychologen denke ich das gleiche, wie über Hundetrainer: es gibt wirklich gute, die wissen was sie tun, und es gibt welche, die meinen Schema F klappt bei jedem Hund.

Ich war ja manchmal beim Lesen des Artikels geneigt, ihn für einen Scherz zu halten ("Kein Wunder, dass die Hunde ohne sie traurig werden.").
Zum einen möchte ich den anderen recht geben: Hundepsychologe ist nicht gleich Hundepsychologe.
Was den Hundesport angeht, selbst innerhalb einzelner Rassen haben Hunde derart unterschiedliche Veranlagungen, eine Pauschalisierung kann niemals korrekt sein. Sicherlich gibt es Tendenzen, hier ist aber zu schauen, welche Rasse, innerhalb der Rasse Arbeitslinie oder Show-Linie (bei einigen Rassehunden), Alter, Gesundheitszustand etc. Letztendlich entscheidet aber die individuelle Veranlagung eines einzelnen Hundes!
Richtig finde ich einige Punkte wie: Muss ein Hund zum Spielen mit anderen Hunden gezwungen werden? Nein! Noch dazu gibt es Rassen (vor allem unter den reinen Arbeitsrassen) die wenig Tendenz zeigen, überhaupt mit Hunden ausserhalb des eigenen Rudels zu spielen (Wie gesagt Tendenz, auch hier gibt es Unterschiede). feste Hundekunpels halte ich da auch für sinnvoller, man kenn sich und die anderen, und die gemeinsamen Grenzen zwischen Spiel und Ernst. Dass ist für Hunde (und Besitzer) entspannter. In der Natur werden fremde Hunde ja auch nicht zum Spielen aufgefordert, das passiert innerhalb des eigenen Rudels. Wenn der Hund natürlich Spass am Spiel mit allen anderen Hunden hat, ok. Hat er ihn nicht, dann eben sollte man ihn auch lassen.
Voller Terminkalender? Das sehe ich allerdings zunehmend als Problem. Muss ein Hund 4 mal die Woche ein Training absolvieren? Tendenziell eher nein. Wobei ich hier unterscheiden würde: Jeden Tag ein bisschen Übungen in die Gassis einfliessen zu lassen finde ich sinnvoll und beschäftigt den Hund auch mental. Vier mal die Woche auf den Übungsplatz, dass ist meiner Meinung nach für fast alle Hunde zu viel.
Ich habe mal ein Seminar besucht mit dem damaligen Trainer der schweizer Nationalmannschaft Agility. Er selbst hat Malinois aus einer Arbeitslinie, also hochaktive, sehr sensible und ausgesprochen triebige Hunde. Oft sind diese ausser von wirklichen Experten kaum zu führen, nicht wenige werden wegen dieser Problematik schon relativ jung eingeschläfert, weil sie irgendwann gegen Menschen gehen. Wer nun erwartet, dass dieser Trainer, um seine Hunde ausreichend zu beschäftigen, mehrfach die Woche trainiert und jeden Tag Stunden um Stunden Gassi geht, der wird hier (positiv) enttäuscht. 3 mal am Tag eine halbe Stunde Gassi, 2-3 Suchspiele, kein Bällchenwerfen, im Garten nur "chillen". Trotzdem machen seine Hunde einen sehr gut ausgelasteten, zufriedenen und ausgeglichenen Eindruck. Hunden und Menschen gegenüber. Und dafür hatte er auch eine meines Erachtens sehr gute Erklärung:
Wie Menschen so schütten Hunde auch ein Stresshormon aus. Jede Form von positiven und negativem Stress bewirkt eine Ausschüttung (Spielen, Arbeiten, Toben mit anderen Hunden, aber auch negative Erfahrungen, Lärm, Angst etc.) Nach der Ausschüttung braucht der Körper eine Ruhephase, in der kein Stresshormon ausgeschüttet wird, sondern es auf das (ist biologisch sicher nicht korrekt, aber ich nenns mal so) Grundlevel abgebaut wird. Haben Hunde nach Stress regelmäßig nicht ausreichende Ruhephasen, wird der Hormonsspiegel regelmäßig nicht ausreichend abgesenkt und pendelt sich auf diesem neuen, eigentlich zu hohen Niveau ein. Das äussert sich dann in den bekannten "Ball-Junkies", die den ganzen Tag nur Bällen nachhechten wollen, der allgemeinen Unruhe, dem berühmten dauer-hütenden Border Collie und dem Gefühl der Besitzer, den Hund nicht auslasten zu können, obwohl sie doch viel mit ihm machen. Irgendwann schlägt dann bei dem einen oder anderen Hund der permanent hohe Stresspegel in Agression um. Für mich klingt das ehrlich gesagt sehr logisch und sinnvoll.
Ich habe das bei Pepper in jungen Jahren damals selbst erlebt. Wir sind Fahrrad gefahren, über eine Stunde. Der Hund war noch fit. Dann auf die Wiese, ne Stunde mit anderen Hunden gespielt. Zu Hause wollte sie dann weiter gefordert werden. Irgendwann waren wir bei 4,5 h Gassi am Tag, plus Clickern und Suchspielen (also auch genug für den Kopf), Pepper ein Muskelpaket sonder gleichen, aber sie wollte immer mehr. Ich habe damals studiert, sonst hätte ich nie so viel Zeit aufbringen können. Aber irgendwann war dann der Punkt, wo ich nicht noch mehr leisten konnte. Daraufhin habe ich Gassis etc. nach und nach auf ein verträgliches Niveau abgebaut. Die ersten Wochen war Pepper unerträglich, denn sie wusste nicht wo hin mit ihrer Energie. Nach und nach hat es dann normale Formen angenommen und ich hatte plötzlich einen zufriedenen Hund, der 2,5 h am Tag Gassi ging, 2-3 mal die Woche ein Suchspiel gemacht hat und der ausreichend Pausen bekommen hat. Ab da war sie viel entspannter, nicht mehr so hibbelig und das Zusammenleben wurde deutlich angenehmer. Dann haben wir Agility entdeckt und sind 2 mal die Woche ins Training, bei Turnieren am Wochenende auch nur 1 mal die Woche.
Unterstützt wird diese Theorie, dass der Hund gar nicht so viel an Aktion benötigt, auch von der Fachliteratur. Günter Blochs "Pizza-Hunde" beschreibt ein Rudel verwilderter Haushunde in der 1. und 2. Generation und deren Leben in einem Wald. Diese Hunde sind täglich wenig Zeit in Bewegung, meistens wird geschlafen, gedöst, ausgeruht oder ein bisschen gespielt. Die Phasen intensiver Bewegung (Jagd , durch das Revier streifen) sind sehr überschaubar.
Ich denke, dass man seine Hunde theoretisch auch rein auf Spaziergängen ausreichend körperlich und mental auslasten kann, wenn man sich hier Mühe gibt (Apportier- und Suchspiele zum Beispiel, zwischendrin kleine Gehorsamsübungen etc.). Aber vielen Hunden macht "ihr" Hundesport auch sehr viel Spass. Warum also nicht.
Wie immer gilt auch hier: Mit Sinn und Verstand, auf das individuelle Tier abgestimmt und lieber Qualität statt Quantität in der Aktion!
VG, Silke